San Glaser, Sängerin und Songwriterin, Tochter einer Holländerin und eines Indonesiers, aufgewachsen in den Niederlanden, beherrscht ein breites musikalisches Spektrum: Mit ihrem  Sextett begeistert sie mit Jazz, Soul und Blues  bis Folk!

Da sind diese Dinge, die sich in uns festsetzen und überdauern. Die nichts mit hektischem, oberflächlichem Zeitgeist zu tun haben. Was uns wirklich berührt, bleibt drinnen, perlt nicht ab; wird nicht vergessen. Echte Dinge, wahre Dinge. Einzigartige eben. Das unwiderstehliche Funkeln von Stil und wirklicher Klasse brennt sich tief ins Gedächtnis, in die Seele, in das Herz. Wie die Musik von San Glaser auf ihrem brandneuen Album “Beautiful Stranger”.

Wahre Kunst benötigt ein stabiles Fundament. Auf das San musikalisch von Karriere-Beginn an fest bauen kann, denn ihre Vergangenheit ist erfüllt von grundsoliden Erfahrungen. Berufen fühlen sich viele – doch sie vertieft ihre Neigungen früh. Die in den Niederlanden als Tochter holländisch-indonesischer Eltern zur Welt gekommene San bekommt das künstlerische Gen quasi von Geburt an eingepflanzt. Denn ihr Vater war selbst ein Jazz-Musiker.

Nach verschiedenen Ausbildungen und damit einhergehenden, unzähligen Engagements in ganz Europa ist die Zeit für ein lang gehegtes Solo-Projekt endlich gekommen. Folgerichtig erscheint Ende 2005 mit “Never In Vain” Sans erster eigener Longplayer. Die Platte erntet glänzende und teils euphorische Kritiken, und ebnet den Weg für den gleichfalls positiv aufgenommenen Nachfolger “New Road” im Jahr 2009.

Ein Werk von San Glaser ist immer auch ein Spiegelbild ihrer persönlichen Situation. Es kommt ihr nicht darauf an, möglichst ausrechenbar in Jahres-Zyklen eine Veröffentlichung herauszubringen. Die Zeit fürs Songwriting muss reif sein, und die gewählten Themen daraus hervorgehend stimmig. Auch klanglich wartet “Beautiful Stranger“ mit vielen Überraschungen auf. Der Sound ist rauer, erdiger geraten. “Beim Songwriting und den Aufnahmen war es für mich wichtig, ersten Impulsen zu folgen, und dort sofort anzusetzen. Es einfach geschehen zu lassen, und nicht unbedingt den Erwartungshaltungen anderer entsprechen zu wollen,” erläutert San ihre Intentionen.

Bei einer derartigen Vorgehensweise bedeutet Authentizität für die Künstlerin ganz klar keine Phrase. Mehr noch: San Glaser erfüllt diese Vorgabe mit echtem Leben,und energisch eingebrachter Leidenschaft. Sie schreibt, komponiert und produziert ihre Titel vorwiegend selbst. Dabei stehen ihr hochkarätige Mitstreiter bei “Beautiful Stranger” zu Seite. Teamwork steht für die Wahlhamburgerin ganz weit oben. So finden sich z.B. Arnd Geise und Ulrich Rode als Co-Songwriter und Mitproduzenten. Bei der Instrumentierung übernimmt sie bei “Song For Céra” und “Tryin’” das Piano, auf der Bühne sind mittlerweile Gitarre und Ukulele hinzugekommen  – mit höchst hörenswerten Resultaten.

“Wir Menschen tauchen oft deshalb so gern in die Vergangenheit ein, weil sie ein uns allzu vertrauter Ort ist”, beschreibt sie ihre Intention zum Song “Memory Lane”. Die gleichermaßen kunst- wie spannungsvolle Americana-Umsetzung nimmt von Beginn an gefangen. Im originellen Outro der fesselnden Komposition treffen indonesische Gamelan-Klänge auf den charakteristischen Sound einer Hohner-Orgel aufeinander. Diese Kunstgriff mündet in einen aufregenden Wettreit gegensätzlicher Klangfarben. Die letztlich dennoch miteinander harmonieren, und nebeneinander gleichberechtigt ihren ganz eigenen Platz besetzen – entsprechend den unterschiedlichen Kulturen, in denen San Glaser aufwuchs.

Besonders persönlich gestaltet sich der “Song For Céra”. Hier verarbeitet San den zu frühen Tod der von ihr sehr geliebten Cousine in einer ganz besonders gelungenen, und höchst anrührenden Umsetzung. Doch wandert “Beautiful Stranger“ nicht nur auf nachdenklichen Pfaden. Mit viel Drive und Energie zieht es San dank “This Bliss“ auf den souligen Dancefloor der Siebziger. Glaser-Songs erzählen immer persönliche Geschichten.

Die Künstlerin scheut sich nicht davor, sich zu hinterfragen, zu reflektieren. Einige Titel wurden im verregneten Hamburger Sommer 2010 geschrieben, dessen Wetterlagen manch Song beeinflussten, wie etwa “Beautiful Stranger”: “Bei den Aufnahmen hat es nur so geschüttet. Dennoch machten wir einmal das Studiofenster auf, und haben kurzentschlossen den Klang des klatschenden Regens und den Donner für Intro und Outro mit aufgenommen.”

Nicht nur die einzelnen Tracks bestechen durch divergente, virtuos eingesetzte Stilmittel. Auch die Wandelbarkeit von Sans Stimme sucht ihresgleichen nicht nur hierzulande. Und das gleich in mehreren Sprachen, wenn es darauf ankommt. Denn sie spricht fließend Deutsch, Englisch, Holländisch – und ein wenig indonesisch. Die erlesene Band für die Aufnahmen brilliert gleichermaßen durch beseeltes wie harmonisches Zusammenspiel.

Ein wahrer Ohrenschmaus: die kunstvollen Streicherarrangements von Anne de Wolff. Tobias Held, David Paulicke und Oliver Spanuth geben an den Drums beeindruckende Visitenkarten ab. Maik Schott, Pablo Escayola, Martin Wenk veredeln die Songs mit Keyboards, Percussion und Trompete. Stephan Zacharias absolviert auf “Beautiful Stranger” einen Gastauftritt am Yamaha CP70-Piano. Für die variantenreichen Bass- und Gitarren-Parts sorgen Arnd Geise und Ulrich Rode. Nicht zuletzt stellt der vielseitige Arnd sein Können auch am Mischpult eindrucksvoll unter Beweis: das Resultat ist ein stets klar, transparent und nuancenreich gewebtes Sound-Outfit.

Einseitigkeit oder gar Stillstand haben bei diesem vielfältigen Background keine Chance. Bewegung in allen Bereichen bedeutet für die Wahlhamburgerin ein Lebenselexir. “Ich mag das Bild, oder das Gefühl des Reisens in verschiedenster Ausprägung. Sei es als tatsächliches Ereignis, oder als Metapher für die persönliche Lebens-Reise. Das schlägt sich natürlich in den Texten und jeweiligen Themen nieder, wie etwa früher für “New Road”, oder jetzt in “Memory Lane” und “Traveling”.

Folk, Bluegrass, Pop, Jazz und Soul, Rock-Elemente, klassisches, beseeltes Singer/Songwriter-Handwerk – für San mit ihrem unnachahmlichen Style-Mix keine Unvereinbarkeiten. Das ergibt gut abgestimmte, gleichermaßen durchdachte wie emotionale Songs, die das Leben nicht nur abbilden, sondern dort hautnah mittendrin stehen. Ob stilvoll gekleidet an einer Bar lehnend, oder von kaltem Nieselregen durchnässt am Rand einer windigen Straße wartend – da ist eine Frau, die ganz genau um die mal heller, mal dunkler funkelnden Facetten des Daseins weiß.

Bloße Fortführung bisheriger Arbeiten findet nicht statt. “Beautiful Stranger” ist ein erneuter Aufbruch, der sich besonders in einer weiteren, wichtigen persönlichen Entscheidung manifestiert. Nachdem die beiden ersten CDs “Never In Vain” und “New Road” im Hause “Flash Records” erschienen sind, war es nun an der Zeit, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Denn inzwischen hat San ihr eigenes Label “Dutchland” gegründet.

Beschwingt beschließt der holländische vierziger Jahre-Evergeen “Als sterren flonk’rend aan de hemel staan”, Sans Hommage an ihre niederländische Heimat, ein beeindruckendes und nicht alltägliches Album. Die klare Vision Glasers, was ihre Musik angeht, setzt sich auch in der CD-Artwork-Gestaltung fort. Die in Schweden lebende Künstlerin und Illustratorin Kheira Linder (Meedchen) legt die Alben-Dramaturgie hier mit zarten Farben, und feinem Strich in einer optischen Umsetzung vor. So erweist sich das Booklet nicht nur als beliebige Dreingabe, sondern echte Ergänzung zum Gesamtkonzept.

Aus guten Gründen liegen San Glaser-Alben immer gern griffbereit in der Nähe des Players. Nummern nach möglichst chartskompatiblem Muster stellen für die Vollblut-Musikerin ein absolutes No-Go dar. Risiken gehören zum Leben, und San richtet ihre Maximen nicht auf vorgefasste Erwartungshaltungen hin aus. “Es ist nicht immer einfach, sich selbst gut zu finden”, lacht sie, “aber versuchen sollten wir es jeden Tag wieder”. “Beautiful Stranger” stellt so das faszinierende Resultat aus augenzwinkerndem Selbstbewusstsein und echter künstlerischer Klasse dar.